Ford Mustang GT Cabrio – Mr. Sunshine

Fahrzeugvorstellung

Ford Mustang GT Cabrio – Mr. Sunshine

Pony-Cars: Amerikanische Autos, deren Name sich von einer Legende ableitet – dem Ford Mustang. Die damals relativ kleinen Coupés und Cabrios vertrauten auf großvolumige V6- und V8-Motoren und waren günstig in der Anschaffung. Parallel gab es Muscle Cars, die mit extremer Motorleistung verführten. Heute ist die Differenzierung weitaus schwieriger, da Chevrolet Camaro, Dodge Challenger und Ford Mustang weder klein, noch schwächlich sind. Was ist dem Mustang an Charme geblieben und welches fahrdynamische Potential bringt er mit?

Ford Mustang GT Cabrio

Ford Mustang GT Cabrio Design – Reinkarnation des Klassikers

Der Ford Mustang hat eine lange Reise hinter sich. Die ursprüngliche Formensprache verwusch mit den Jahren immer mehr. Der negative Höhepunkt war wohl mit der 1979 gestarteten Generation Mustang III gemacht, die wie ein „Plastik-Bomber“ wirkte und mit ihrer plumpen Formensprache nichts mehr mit dem ursprünglich so ansehnlichen Wildpferd zu tun haben wollte. Besser wurde es erst im Jahr 2004, als der Mustang V eingeführt wurde. Die Formen, die Linien, die in Höhlen sitzenden Rundscheinwerfer – Retro-Chic at it´s best. Nur etwas aufgedunsen wirkte diese Generation und nicht gerade schmächtig, wie man es von einem Pony-Car erwartet. Das Facelift tat der fünften Generation optische aber sehr gut.

Rundum gelungen wirkt indes die aktuelle sechste Generation, die 2014 vorgestellt wurde und auch im Hollywood-Streifen „Need For Speed“ eine kleine, aber entscheidende Rolle spielte. Dieser Mustang schaffte es wie kein zweiter die DNA des Ursprungsmodells von 1964 aufzusaugen und ins Hier und Jetzt zu bringen. Dazu wirkt der Amerikaner nicht mehr so aufgedunsen und beleibt, sondern durchtrainiert und sportlich.

An der Front findet man den typischen, weit aufgerissenen Kühlergrill wieder, der anstelle des Ford-Logos das traditionelle Pony im Galopp beheimatet. Links und rechts daneben trägt der Mustang zudem kleinere, konzentriert dreinblickende Scheinwerfer, deren Linsen das Thema des Originals aufgreifen. Seitlich bildet sich schließlich eine wie in Stein gemeißelte Seitenlinie, die die Geradlinigkeit und gesteigerte Qualität des Amerikaners darstellen soll. Amerikanische Fahrzeuge – besonders alte Mustangs – sind nicht gerade bekannt für ihre solide Karosserie, sodass ein beherztes Knacken aus dem „Karosserie-Gebälk“ fast schon zum guten Ton gehörte. Das ist allerdings lange vorbei, auch beim Cabriolet. Auffällig nur, dass das nicht gerade kleine Räderwerk im 19-Zoll-Format recht schmächtig wirkt.

Der Aftermarket hält zwar Alternativen bereit, die optisch mehr hermachen. Eintragungen und ein möglicher Komfort-Verlust machen dieses Thema allerdings kompliziert. Kommen wir also lieber zur Heckpartie: eine kleine, integrierte Abrisskante, stabförmige Rückleuchten und stämmig-kantige Proportionen stellen die zweite Schokoladenseite des Wildpferds dar. Schade nur, dass Ford bereits ein Facelift vorgestellt hat, die Front gewissermaßen verschlimmbessert. Für eine genauere Einschätzung bedarf es aber mehr als nur ein paar Bildern.

Ford Mustang GT Cabrio

Ford Mustang GT Cabrio

Ford Mustang GT Cabrio Interieur – Back to Basic

Der Ford Mustang GT Cabrio ist kein Mercedes, kein BMW und erst recht kein Audi – damit sollte man sich abfinden. Ja ok, mancher Kunststoff wirkt recht einfach und fühlt sich nach „Fisherprice“-Spielzeug an. Ganz ehrlich: Who cares? Die Optik überzeugt, das Ambiente schickt einen direkt ins Jahr 1968 und man fühlt sich wie Lieutenant Frank Bullit höchstpersönlich, der vom legendären Steve McQueen gespielt wurde. Der Blick fällt prompt auf die hübsch arrangierten Rundinstrumente in ihren Tuben, die jeden Blick des Beifahrers im Keim ersticken. Mittig finden sich drei klassisch runde Luftausströmer, während der Beifahrer ebenfalls auf eine Art Instrumenten-Tafel blickt – nur eben ohne Anzeigen. Wie beim Klassiker auch erhebt sich eine Instrumenten-Hutze auf der Beifahrerseite. Das mag weniger einem Praxis-Nutzen dienen, als viel mehr als äußerst charmante Reminiszenz an die Vergangenheit. Das gefällt.

Einmal Platz genommen bemerkt man die komfortabel geformten Sitze. Seitenhalt stand scheinbar nicht an oberster Stelle im Lastenheft. Man könnte Bedenken bekommen, dass der Mustang seinem Ruf, nur auf der Geraden etwas auf dem Kerbholz zu haben und die Kurvenperformance zu vernachlässigen, gerecht wird. Wer Seitenhalt möchte, kann aber Recaro-Sportsitze ordern. Bleiben wir noch für einen Moment im Interieur. Die rechte Hand fällt wie von allein auf den Wahlhebel der knorrigen Sechsgang-Schaltung, das Lenkrad liegt satt in der Hand und auch der Kopf hat genügend – wenn auch nicht massig – Platz unter dem geschlossenen Stoffverdeck.

Auf den ersten Blick überfordern die Kippschalter vor dem Schaltknauf sowie die Klimabedienung mit ihren Tasten. Aber bereits nach den ersten Kilometern ist dieses Thema gegessen und auch das Sync3 Infotainment durchdrungen. Wer schon mal einen Ford mit großem Infotainment bedient hat, wird sich auch im Mustang zurechtfinden. Nur ist alles eben nett angerichtet: Durch die bewusste Wahl des Retro-Themas fühlt man sich immer wieder in den Klassiker zurückversetzt. Aber das, was bei einem Fahrzeug dieses Kalibers wirklich zählt, sind weder das Infotainment, noch die Verarbeitung oder das Platzangebot.

Ford Mustang GT Cabrio

Ford Mustang GT Cabrio

Ford Mustang GT Cabrio Fahreindrücke – The American Way of Drive

Nein, was wirklich zählt, ist das Fahren. Und das beginnt bereits, bevor sich die Reifen auch nur einen Millimeter gedreht haben. Mit einem Druck auf den Startknopf – „Ignigtion! START!“ – erwacht der 5.0 Liter V8 zum Leben. Der Anlasser orgelt kurz und verheißungsvoll, dann ein Grollen und Schütteln und der V8 meldet sich zum Dienst. Und er klingt so, wie man es haben will, wie man es von einem „Ami“ erwartet. Er klingt nach Bruce Springsteen, der nach einer mit Whiskey durchzechten Nacht aufwacht und mit einem Löwenbrüllen lauf „HUNGER“ grölt.

Es heißt also den ersten Gang einzulegen, knorrig und schwergängig, die stramme Kupplung kommen zu lassen und das Erlebnis Mustang auf sich wirken zu lassen. Und eines vorab: Elektro-Autos schön und gut, ein Hoch auf leises Vorankommen und nicht vorhandene Emissionen. Aber niemand kann mit Überzeugung behaupten, dass er ein nahezu debiles Grinsen auf den Lippen hat, wenn er seinem Prius die „Sporen“ gibt. Der Mustang hingegen? Es sollte ihn auf Rezept geben! Schlechte Laune? Ab zum Doc und sich die pure Lebensfreude verschreiben lassen. Prius – nichts für ungut! Es ist schön, dass es dich gibt. Wirklich!

Der V8 nimmt sauber das Gas an, ohne übertrieben Spitz anzusprechen. Dabei gurgelt er, wie es nur ein großvolumiges Aggregat kann und zieht nicht zuletzt dadurch die Blicke auf sich. Und wenn man ihm Saures gibt, dann lernt man die Vorzüge eines frei atmenden Motors erst richtig schätzen. Die lineare Leistungsabgabe, das berechenbare Ansprechverhalten, der Zuwachs an Drehmoment und dieser unglaubliche Druck, den nur Hubraum erzeugen kann. Lässt man alle elektronischen Helferlein aktiv, ist der Mustang zahm wie ein Schulpony, lässt den Fahrer aber auch wissen, dass er hier gerade 421 PS bewegt. Das fällt auf, wenn man ihn unter Volllast durchreißt – also schnell schaltet und die Kupplung rüpelhaft zuschnappen lässt – und die Hinterräder mehr Schlupf bekommen, als es Otto Normal handlen kann. Dann greifen die Traktionskontrolle und das ESP nach den Zügeln und haben stets alles im Griff. Aber der „Stang“, wie ihn sein Fans nennen, ist nun mal ein kein Auto für Fahranfänger oder solche, die diesen Status nie ablegen werden. Man muss schon wissen, was man tut, sonst endet die Fahrt mitunter so, wie man es von unzähligen YouTube-Videos kennt – am Randstein.

Gut, so schlimm ist es nicht, wenn man die Regelsysteme aktiviert lässt. Schaltet man sie ab, sollte man sich aber im Klaren darüber sein, was man tut. Zwar ist es dem Autor dieser Zeilen unverständlich, wie es zu besagten, auf Video festgehaltenen Unfällen kommen kann, da sich Querelen sauber ankündigen. Dennoch sollte man schon mal einen starken Hecktriebler bewegt haben. Gibt man eine übermütige Portion Gas in der Kurve, kommt das Heck. Zu viel Gas beim Beschleunigen, kommt das Heck. Dosiert man es vorsichtig, kommt kein Heck – ganz einfach, oder?

Kommen wir zur Frage, ob der Ford Mustang GT Cabrio nur auf der Gerade zu Hause ist oder auch in Kurven performen kann. Und das kann er. Auf der Gerade zieht er gen Horizont, dass es eine Freude ist und untermalt seine Beschleunigung mit infernalischem V8-Hard-Rock. Das klingt so brutal, dass Fahrzeuge, die auf der Autobahn weit vorausfahren, bereits die linke Spur räumen – in weiser Voraussicht. Wirft man den Amerikaner in Kurven, gleicht das Fahrwerk Wankbewegungen sauber aus, während die Lenkung klares Feedback gibt und sich angenehm schwergängig zeigt. Komfort ist indes nicht die Stärke des Ford Mustang. Wobei man festhalten muss, dass der Amerikaner weit entfernt von einem Prügelknaben ist, sondern eher das stramme Ansprechverhalten an den Tag legt, das man von einem Sportler erwartet. Ein Wochenend-Trip mit der Freundin ist allemal realisierbar.

Ford Mustang GT Cabrio Fazit – Well done

Das Ford Mustang GT Cabrio ist – rein optische betrachtet – nicht meine erste Wahl. Ich würde immer zum Coupé greifen. Aber es bietet gegenüber diesem einen entscheidenden Vorteil: Man ist noch intensiver am Sound-Geschehen dran. Und das ist es, was zählt: Das unverwaschene Fahrerlebnis. Das Raue, das der „Stang“ bietet, das Ungehobelte, das imperfekt Sympathische. Der Amerikaner ist ein Freudenspender par Excellence, der mit seinem Leistungsstarken V8 und seiner dynamischen Kurvenperformance Alltagssorgen einfach wegbläst. Selbst der Preis geht in Ordnung: 49.600 Euro kostet das vollausgestattet Vergnügen, das einen in 4,8 Sekunden auf 100 km/h beschleunigt und erst bei 250 km/h ein Ende kennt.

Vergleicht man das mit Preis eines BMW M4 Cabriolets, das 431 PS bietet und einen ungleich hochwertigeren Innenraum beschert, fragt man sich, ob nicht weniger mehr sein kann. Mehr Hubraum, mehr Zylinder und mehr ungefilterter Fahrspaß. Und der ist nicht immer politisch korrekt und „well done“, sondern auch mal rauchig und „rare“. Und nun ab zum Arzt, ein Gute-Laune-Rezept holen!