Faktencheck: 12 Mythen über Photovoltaik unter der Lupe

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Eigentlich ist es einfach: Sonnenlicht trifft Solarzelle, dadurch entsteht Gleichstrom. Dennoch halten sich über Photovoltaik zahlreiche Mythen. Wir beleuchten und korrigieren sie.

Jena. Eigentlich sollte man annehmen, Solaranlagen sämtlicher Größen und Stile würden sich verkaufen wie frisch geschnittenes Brot. Tun sie auch – 2023 erzielte die Branche hierzulande einen Umsatz von etwa 30 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Selbst Anfang der 2010er, als das Verhältnis von Einspeisevergütung zu Verbraucherstrompreisen noch erheblich besser war, belief sich der Umsatz nur auf ein gutes Drittel dieses Werts.

Dennoch gibt es eine Menge Menschen, die der Umwandlung von Sonnenlicht in Elektrizität kritisch gegenüberstehen. Nicht selten stützen sich solche Ansichten auf weitverbreitete Mythen. Wir haben für den folgenden Text einmal nachgeschaut, was es damit auf sich hat und versucht, viele Irrtümer und Halbwissen zu entkräften.

1. „Eigentlich ist die Sonneneinstrahlung in Deutschland zu gering!“

Je nach Jahres- und Tageszeit befindet sich die Sonne höher oder tiefer am Firmament. Bekanntermaßen liegt der höchste erreichbare Punkt umso tiefer, je weiter man sich vom Äquator entfernt. Damit steigt die atmosphärische Distanz, die das Sonnenlicht durchdringen muss, bevor es auf den Boden oder eine PV-Zelle auftrifft.

Tatsächlich stimmt es, dass Solaranlagen in äquatorialen und dort insbesondere hochgelegenen Regionen die größte Effizienz erreichen. Allerdings schwächt die Atmosphäre das Licht bei Weitem nicht genug ab, um Solarstromerzeugung in unseren Breiten unrentabel zu machen – erst recht nicht angesichts der Effizienzgrade heutiger Modultechniken und deren Preise.

Wie viel „unten“ in Kilowattstunden (kWh) ankommt, kann jeder beim Deutschen Wetterdienst nachschauen. Mittlerweile werden Solarsysteme sogar am und nördlich des Polarkreises genutzt. Etwa der russische Solarpark Batagai, Er befindet sich grob auf dem 67. Breitengrad – etwa auf der gleichen Höhe wie Nordschweden und -finnland.

2. „Solarstromerzeugung rentiert sich wegen der mickrigen Einspeisevergütung nicht mehr!“

Aktuell (August 2024) gibt es für neue PV-Anlagen der „privaten Größenklasse“ höchstens 12,73 Cent pro eingespeister kWh. Die Privatabnehmer-Strompreise für Neuverträge liegen bei uns in Jena dagegen im Schnitt bei 32 Cent pro kWh. Das ist definitiv eine Diskrepanz. Allerdings spricht sie nicht gegen Solarstromerzeugung und -nutzung, sondern nur gegen eine Einspeisung.

Wer bei diesen Preisen Strom ins Netz einspeist, macht tatsächlich Verlust. Denn wie das Fraunhofer-Institut vermeldet, liegen die Stromgestehungskosten für Klein-PV-Anlagen selbst in Norddeutschland bei höchstens 14,4 Cent/kWh, also weit unterhalb des Strompreises.

3. „Photovoltaik liefert nur bei wolkenlosem Sommerhimmel nennenswert Strom!“

Wäre dieser Mythos wahr, dann hätten die im ersten Punkt erwähnten Russen wohl darauf verzichtet, den Solarpark zu errichten. Tatsächlich erzeugen Solarmodule aus physikalischen Gründen immer Strom, sobald Licht darauf fällt. Natürlich reduziert Wolkenbedeckung den Ertrag, aber je größer die Anlage, desto mehr Strom wird selbst unter ungünstigen Bedingungen noch erzeugt.

4. „PV-Strom muss aufwendig umgewandelt werden!“

Aus physikalischen Gründen erzeugen Solarmodule ausschließlich Gleichstrom. Zumindest im häuslichen Stromnetz kommt dagegen Wechselstrom zum Einsatz. In der Tat muss deshalb ein Wechselrichter zwischengeschaltet werden. Das ist aber weder sonderlich aufwendig noch reduziert es die Effizienz nennenswert. Ein hochwertiger moderner Wechselrichter bringt es auf bis zu 98 Prozent Wirkungsgrad, also sehr niedrige Verluste.

Plus: Gleichstrom lässt sich erheblich einfacher speichern. Wechselstrom-Akkumulatoren stehen aktuell erst am Beginn der Marktreife und sind extrem teuer.

5. „Bei einem Stromausfall ist auch eine PV-Anlage tot!“

Hier ist die Antwort „Jein“:

  • Die Solarmodule erzeugen Strom, solange Licht vorhanden ist – egal was sonst passiert.
  • Viele herkömmliche Wechselrichter benötigen die 50-Hertz-Frequenz des Netzstroms als Taktgeber, um den Solarstrom ohne Frequenzverschiebungen ins häusliche Stromnetz einspeisen zu können.

Insofern ist der Wechselrichter bei Stromausfall in der Tat die Störungsquelle. Aber: Für nur geringe Mehrkosten existieren inselfähige Wechselrichter. Sie können ihre eigene Frequenz vorgeben und daher auch bei Stromausfall funktionieren – oder generell ohne Netzstromanbindung.

6. „Balkonkraftwerke dürfen/können nur am Balkon montiert werden!“

Dieser Mythos dürfte aus der umgangssprachlichen Bezeichnung für diese Art von Solaranlagen resultieren – was ihn jedoch nicht richtiger macht. Zwar spricht selbst die Bundesregierung von Balkonkraftwerken, tatsächlich handelt es sich jedoch korrekter um eine Klasse von PV-Systemen mit bestimmten Merkmalen, etwa einem einfachen Anschluss per Stecker und einer erlaubten Höchstleistung von 800 Watt ab Wechselrichter.

Wo diese Systeme am und ums Haus herum montiert werden, ist vollkommen egal und bei korrekter Befestigung immer legitim. Daher werden sie auch explizit für unterschiedlichste Befestigungsoptionen angeboten.

7. „Photovoltaik ist zu teuer!“

Auch das ist falsch. Die Preise für PV-Anlagen und Stromspeichersysteme kennen seit Jahren nur den Weg nach unten.

  • Derzeit kostet das Kilowatt-Peak (kWp) einer typischen Dachanlage zwischen 900 und 1.400 Euro je nach Anlagengröße und Hersteller.
  • Für Stromspeicher beläuft sich der derzeitige kWp-Preis auf 1.500 bis 2.000 Euro.

Weiterhin fällt beim Kauf keine Mehrwertsteuer an. Gerade im privaten Bereich und angesichts der aktuellen Verbraucherstrompreise gibt es nichts günstigeres als Photovoltaik.

8. „Eine private PV-Anlage ohne Speicher ist rausgeworfenes Geld!“

Warum sollte sie das sein? Der Speicher dient vor allem dem Zweck, den Eigenverbrauch des Solarstromes zeitlich unabhängiger von der Entstehung und somit flexibler bzw. komfortabler nutzbar zu machen. Das heißt aber noch lange nicht, er wäre nötig, um jegliche schlecht vergütete Einspeisung zu unterbinden.

Je nach Ausrichtung der Anlage (und somit ihrem tageszeitabhängigen Leistungsspektrum) sowie eigenem Lebensmodell ist es vergleichsweise simpel, den ganzen Strom zu nutzen, ohne ihn einem zwischengeschalteten Speicher zu entnehmen. Wer beispielsweise im Homeoffice arbeitet, kann über den Tag hinweg gezielt seine Großverbraucher laufen lassen und somit das Maximum aus seiner Anlage holen. Man muss es nur händisch tun – wobei die Möglichkeiten durch Smart-Home-Technik dies ebenfalls erheblich komfortabler machen.

9. „Der Look der Solarpaneele ruiniert die Optik meines Hauses!“

Zunächst einmal gilt: Über Geschmack kann man sich nicht seriös streiten. Überdies gibt es Möglichkeiten, Solarmodule dort zu installieren, wo sie weit weniger auffallen – zumal es selbst auf dem Dach bereits in extremem Maß auf die Dachform ankommt.

Last, but not least, befinden wir uns an einem Punkt, an dem sowohl Module unterschiedlicher Farben auf den Markt kommen als auch Systeme, die nicht die Form der typischen Platten oder Paneele haben. Unter anderem sind das die Solardachziegel. Ihnen sieht man insbesondere vom Boden aus gar nicht mehr an, dass es sich um PV-Module handelt.

10. „Um PV aufs Dach zu bringen, ist immer ein neuer Dachstuhl nötig!“

Das stimmt ebenfalls nicht. Schon seit sehr vielen Jahrzehnten werden Dachstühle explizit mit einer lageabhängigen Lastreserve kalkuliert und konstruiert. Sie müssen ja beispielsweise auch Schnee aushalten. Wohl muss vor der Installation einer Anlage (insbesondere, wenn sie größere Flächen bedeckt) die Dachstatik geprüft werden.

Befindet sich der Dachstuhl jedoch in einem normgerechten und technisch noch einwandfreien Zustand, genügt die Lastreserve in vielen Fällen, um die Anlage aufnehmen zu können. Dabei sollten sich Kritiker nicht zuletzt eines vor Augen halten: In Sachen Baunormen ist Deutschland in der Tat enorm „pingelig“ und auf Sicherheit bedacht. Daher sind die Fälle von Schäden oder gar zusammengebrochenen Dachstühlen aufgrund Überlastung praktisch nichtexistent.

11. „Wenn ein Haus mit Solardach brennt, löscht die Feuerwehr es nicht!“

Dieser Mythos begegnete uns bei der Recherche überraschend häufig. Häufig wird behauptet, das geschähe deshalb, weil die Anlage tagsüber ja weiterhin Strom produziere und somit die Gefahr für Stromschläge bestünde.

Definitiv ist der Mythos jedoch falsch. Zunächst einmal müssen Feuerwehren schon deshalb löschen, um ein Übergreifen der Flammen zu verhindern. So sehen es u.a. auch die Feuerwehrgesetze und Gerichtsurteile. Ein „brennen lassen“ ist nur unter eng eingeschränkten Vorgaben möglich.

Bedeutet, die Feuerwehr versucht immer und unter allen Umständen zu löschen. Bei Bränden in Verbindung mit PV-Anlagen nutzt sie lediglich besondere Vorgehensweisen, um die Wehrleute gegen Stromschläge zu schützen. Zudem gibt es verschiedene Notabschaltungen (auch für den privaten Bereich), die eine Anlage mittels Knopfdrucks vom restlichen Stromkreis trennen.

12. „Die PV-Module benötigen ständige Wartung und Reinigung!“

Natürlich hängt die Ertragsleistung jedes einzelnen Moduls davon ab, wie viel Licht die obere transparente Schutzschicht passieren kann. Staub und mit dem Regen ausgewaschener Schmutz können deshalb tatsächlich eine PV-Anlage weniger effizient machen. Dennoch ist dieser Mythos völlig überzogen und daher falsch:

  • Aufgrund der bei uns zwangsläufig nötigen Modulneigung dauert es erheblich länger, bis sich nennenswert Schmutz ablagern kann. Zudem wäscht jeder einzelne Regenguss ihn wieder ab.
  • Die äußere Schicht vieler Anlagen weist eine Nano-Versiegelung bzw. Lotus-Effekt auf, wodurch Schmutz noch schlechter haften kann.
  • Lediglich alle zwei bis vier Jahre empfiehlt sich eine fachmännische Reinigung – Pflicht ist sie jedoch nicht und kann zudem vom Besitzer selbst durchgeführt werden.

Was die Wartung anbelangt: Über die Messsysteme lässt sich alles Wissenswerte andauernd durch den Benutzer überwachen. Da PV-Anlagen keine beweglichen Teile besitzen, gibt es hier praktisch nichts, was eine aufwendige Wartung benötigt – erst recht nicht in kurzen Abständen. Tatsächlich sind Solarsysteme weitestgehend wartungsfrei.